Das Blower-Door-Verfahren und die Bedeutung der Luftdichtheit bei modernen Gebäuden – Präsentation als PDF zum Download

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Wer ein Gebäude bauen oder sanieren lässt, möchte den optimalen Zustand: Auf dem neuesten Stand der Technik, energieeffizient und möglichst bauschadensfrei. Ein Schlüssel dazu ist die dichte Gebäudehülle. Diese kann anhand des Differenzdruckmessverfahrens – auch bekannt als Blower-Door-Test – überprüft werden. Idealerweise sollte das sowohl während der Bauphase, als auch im fertigen Zustand passieren.

Gastvortrag im Studiengang Facility Management – Präsentation als PDF zum Download

Dazu habe ich am 12. April 2018 im Studiengang Facility Management der Hochschule Albstadt-Sigmaringen einen Vortrag gehalten. Dieser Blogartikel fasst die Motivation der Hochschule für dieses Thema und die Inhalte meines Vortrags zusammen. Der Vortrag als PDF kann hier kostenfrei abgerufen werden: Blower-Door-Präsentation.

Kosten einsparen bei großen Gebäuden durch Blower-Door-Messtechnik

Vor 15 Jahren war dies für die meisten Auftraggeber und Planer kein Thema, aber heutzutage spielt energieeffizientes Bauen auch bei großen Wohn- und Nichtwohngebäuden (Hallen und Bürokomplexe) eine größere Rolle. Neben dem Aspekt der Qualitätskontrolle werden Blower-Door-Messungen bereits bei der Projektierung angesetzt, da eine Blower-Door-Messung einen verringerten Luftwechsel bestätigen kann. Die positive Konsequenz für Auftraggeber und Planer: Der Primärenergiebedarf sinkt. Dadurch kann eventuell die Dämmstärke reduziert werden oder sogar die Leistung einer Heizungsanlage. Das senkt natürlich die Baukosten. (Mehr dazu in diesem Artikel „Luftdichtheit bei Nichtwohngebäuden: Mehr Energieeffizienz und weniger Kosten“)

Luftdichtungs-Know-How für angehende Facility Manager

Die Hochschule Albstadt-Sigmaringen sieht nicht nur von außen modern aus, sie ist auch mit den neustem Equipment ausgestattet.

„Uns ist wichtig, dass unsere Studenten bei unserem Studiengang Facility Management die theoretischen und technischen Hintergründe lernen, aber auch, wie dieses in der Praxis umgesetzt werden kann“, sagt Diplom-Ingenieurin Elke Konday, die den Gastvortrag organisiert hat und als akademische Mitarbeiterin im Studiengang die praktischen Versuche zur Blower-Door-Messtechnik leitet. Der Schwerpunkt auf Praxis und die stetige Aktualisierung des Studienangebots hat unter anderem das ZEIT-Hochschulranking hervorgehoben.

„Die normgerechte Durchführung und Überprüfung der Korrektheit von Blower-Door-Tests ist inzwischen ein Teil unserer Ausbildung, weil Facility Manager an der Planung, dem Bau, der Nutzung von Gebäuden und industriellen Anlagen beteiligt sind. Sie kümmern sich darum, dass diese Einrichtungen (Facilities) kosten- und energiesparend funktionieren. Mit dem Differenzdruckmessverfahren lässt sich die Effizienz der Gebäudehülle optimal kontrollieren. Auch wenn sie künftig nicht selbst Blower-Door-Messungen ausführen, sollten die angehenden Facility Manager wissen, was eine normgerechte Messungen ausmacht und wie sie diese überprüfen können“, erklärte die wissenschaftliche Mitarbeiterin Elke Konday. Das Interesse an dem externen Blower-Door-Vortrag war groß – mehr als die Hälfte der anwesenden Teilnehmer besuchten diesen, ohne dass es für sie verpflichtend gewesen wäre: „Wir hatten bereits den Dozenten vergangenes Jahr eingeladen. Seine Vorträge zeichnen sich aus, dass er kompliziert klingende bauphysikalische Hintergründe locker vermittelt. Außerdem sind seine Anekdoten und Praxistipps von seinen vielen Blower-Door-Messungen spannend“, sagte netterweise Elke Konday.

Rechtliche und normative Hintergründe bei Blower-Door-Messungen

Grundlage für die normgerechte Messung ist, dass der Messdienstleister nach den aktuellen gesetzlichen Vorgaben misst. Daher erläuterte ich in meinem Vortrag wichtigsten Aspekte zur Energieeinsparverordung EnEV, DIN EN 13829, ISO 9972 und DIN 4108-7.

Basis für die normgerechte Messung ist, dass der Messdienstleister nach den aktuellen gesetzlichen Vorgaben misst. Daher erläuterte ich in meinem Vortrag die normativen Hintergründe zur Energieeinsparverordung EnEV, DIN EN 13829, ISO 9972 und DIN 4108-7. Blower-Door-Messdienstleister kann sich therotisch jeder nennen – der Messdienstleister haftet jedoch mit seiner Unterschrift auf dem Prüfprotokoll. Heutzutage sind Blower-Door-Messungen immer mehr mit Haftung verbunden, weil an dem Ergebnis der Differenzdruckmessungen oft viel Geld hängt. Beispielsweise fordern die meisten KfW-Programme diese als Qualitätsnachweis.

Die oberste Grundlage für die Messung ist die EnEV. Zum Einen definiert sie Grenzwerte, zum Anderen fordert sie seit 2014 das Verfahren B der DIN EN13829. Diese ist zwar offiziell zurückgezogen und wird höchstwahrscheinlich durch die ISO 9972 ersetzt. Da sich die aktuelle EnEV aber auf sie bezieht, hat sie zumindest bis zur Novellierung der EnEV Gültigkeit.

Die Norm gibt klar an, wie eine Messung abzulaufen hat und was ein Protokoll mindestens enthalten muss.Vielfach wird noch ignoriert, dass die Messreihe hinunter bis 10 Pascal bzw. 5 Mal die natürliche Druckdifferenz gehen muss. Viele Messdienstleister gehen davon aus, dass 5 Druckstufen ausreichend sind. Das ist nur bedingt richtig, da die Norm hier noch weitere Kriterien für eine korrekte Messung definiert.

Eine Messung sollte aus folgenden Punkten bestehen:

  • Ermittlung der natürlichen Druckdifferenz vor und nach der Messreihe
  • mindestens 5 Messpunkte
  • Abstand der einzelnen Messpunkte nicht mehr als 10 Pascal
  • größte Druckdifferenz mindestens 50 Pascal
  • kleinste Druckdifferenz 10 Pa oder 5x natürliche Druckdifferenz

Die Ermittlung der natürlichen Druckdifferenz bei abgedecktem Gebläse ist der nächste Schritt. Werden dabei 5 Pascal überschritten, wird die Messung nicht durchgeführt.

Dann kommt die Messreihe: Fünf Messpunkte zwischen 50 und 10 Pascal bei einem Abstand von nicht mehr als 10 Pascal sind in der Regel nicht ausreichend, da das System selten exakt bei 50-40-30-20-10 misst. Schon bei leichtem Wind ergeben sich hier größere Sprünge. Nach der Messung wird die natürliche Druckdifferenz erneut ermittelt. Sollten dabei 5 Pascal überschritten werden, wird die Messung als ungültig erklärt und es muss im Prüfbericht erwähnt werden.

Mehrgerätemessung bei großen Hallen und Bürokomplexen

In Zukunft werden immer mehr große Einheiten gemessen werden.

Bei einem Gebäude größer als 15 00 Kubikmeter, sofern es nach DIN V 18 5 99 bilanziert wird, ist ausschließlich der hüllflächenbezogene Wert q50 auszuweisen. Nicht etwa zusätzlich zu dem n50-Wert, was in der DIN 41 08 -07 steht. Das Wort „zusätzlich“ fehlt in der EnEV. Daher muss der q50-Wert angegeben werden.

Bei der Messung großer Gebäude ist es wichtig, den richtigen Zeitpunkt der Messung zu erwischen. Entscheidend ist der passende Baufortschritt: Der Wunsch der Auftraggeber ist oftmals, vor der Übergabe zu messen. Aber die Norm nennt den fertigen Zustand als Messzeitpunkt.

Leckagen: Löcher in der Gebäudehülle

Leckagenalarm ! Wie es dazu kam? Die Gewerke haben sich wohl bei dieser Baustelle nicht richtig abgesprochen und so wurden Leitungen verlegt, ohne an die Luftdichtheit zu denken. Das inzwischen geforderte Luftdichheitskonzept, das vorher solche Durchdringungen bei der Planung mit einbezieht, wurde hier sicherlich nicht erstellt.

Auch kleine Leckagen können die Energieeffizienz eines Gebäudes enorm senken und großen Schaden anrichten. Die Norm schreibt nur, dass die Messdienstleister große Leckagen suchen müssen. Es ist jedoch nirgends definiert, wann eine Undichtigkeit eine große Leckage ist. Dazu gibt es gerade einen abgeschlossenen Forschungsbericht. Dieser kann auf der Seite des FLiB Fachverband Luftdichtheit im Bauwesen kostenfrei heruntergeladen werden: Download.
Empfohlen wird von der DIN EN 13 829 eine baubegleitende Leckagesuche. Denn nur bei Erreichbarkeit der eigentlichen Luftdichtheitsebene können die Fehler (Löcher in der Gebäudehülle) noch nachgebessert werden. Wie typische Leckagen aussehen können, ist hier zusammengefasst: www.zieht-wie-hechtsupp.de

Kalibrierung ist Pflicht

Die Norm bezeichnet die „regelmäßige Kalibration des verwendeten Messsystems entsprechend den Herstellerangaben oder entsprechend einem standardisierten Qualitätssicherungssystem“ als erforderlich. Hier geraten auch die Gebläse immer mehr in den Fokus. Bei der Minneapolis Blowerdoor beträgt der Zeitraum für das Druckmessgerät DG-700 zwei Jahre, für die Gebläse vier. Wie eine Kalibierung aussieht und abläuft, hat das Airtight-Junkies-Team hier dokumentiert: https://luftdichtheit-geprüft.de/2017/11/kalibrierung-ablauf-blower-door/

Verantwortung der Messdienstleister und der KfW-Eingabeberechtigten
Da die EnEV sich eindeutig auf die DIN EN 13 829 bezieht, werden nur solche Prüfberichte anerkannt, die die Norm auch einhalten. Der Energieberater haftet dafür sogar mehr, als der Blower-Door-Messdienstleiter.
Im Einfamilienhaus ist es sicher denkbar, jederzeit eine Messung nachzuholen. Bei Mehrfamilienhäusern oder Industriebetrieben wird es jedoch eng bis unmöglich, gerade was die Gebäudevorbereitung anbelangt. Hier geht es um erhebliche Kosten, die bei einer Wiederholung der Messung entstehen. Mir ist ein Fall aus Frankfurt bekannt, bei dem wegen nicht vollständiger KfW-Unterlagen – dazu gehörte die mehrfach nicht bestandene Blower-Door-Messung – vom Bauherren/Auftraggeber 3 Prozent der Auftragssumme einbehalten wurde. Bei 20 Millionen Bausumme ist das ein beträchtlicher Betrag.

Die Blower-Door-Präsentation des Gastvortrags als PDF hier zum kostenfreien Download: https://tinyurl.com/y75mwsu7

Kontakt

Weitere Informationen zum Studiengang und Gastvortrag bei
Ingenieurin Elke Konday, akademische Mitarbeiterin des Studiengangs Facility-Managements der Hochschule Albstadt-Sigmaringen: www.hs-albsig.de; konday@hs-albsig.de

Bei speziellen Fragen zum Blower-Door-Verfahren oder zum Vortrag helfe ich gerne weiter:
hm@bionic3.de, 0171/706 1344, https://www.bionic3.de/blower-door/

Blogbericht zum Gastvortrag an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen vergangenes Jahr: Blower-Door-Wissen ist auch für Kontrolleure wichtig

Seit kurzem gibt es deutschlandweit auch 2-tägige Blower-Door-Ausbildungen der TÜV Rheinland-Akademie:

Bildergalerie

Links und Quellen

Facility Management

Blower-Door-Weiterbildungen & Coaching

Über mich – Holger Merkel:
Ich bin Geschäftsführer der bionic3 GmbH und Fachkraft für Differenzdruckmesstechnik (HWK). Mit meinem Team führe ich mehr als 400 Blower-Door-Messungen im Jahr durch. Ich supporte auch andere Messdienstleister mit meinem Know-How. Mein erworbenes Wissen gebe ich auch an Hochschulen, in verschiedenen Seminaren, Workshops und Blower-Door-Ausbildungen weiter. Neu: Mit der TÜV Rheinland Akademie habe ich einen Blower-Door-Intensivkurs konzipiert. Hier bei airtight-junkies.de berichte ich über Messungen und aktuelle Richtlinien zu Blower-Door-Messungen.

Über den Autor

Holger Merkel

Holger Merkel ist Blower-Door-Messdienstleister, Fachkraft für Differenzdruckmesstechnik (HwK) und Dozent. Mit seinem Team führt er mehr als 400 Messungen im Jahr durch. Er supportet auch andere Messteams mit seinem Wissen. Einer seiner Schwerpunkte ist die Messung mit mehreren Geräten. Sein Know-how und seine Erfahrungen gibt er in Vorträgen, Seminaren und Blower-Door-Ausbildungen weiter. Auf luftdichtheit-geprüft.de publiziert er Fachartikel zu Luftdichtheit und Blower-Door-Messungen sowie Bilder zu Leckagen, Bauschäden und Kuriositäten. Im Podcast spricht er Klartext zu Luftdichtung und Qualität am Bau. Unter dem Motto Zieht wie Hechtsupp' dokumentiert er Leckagen, erklärt, wie sie entstanden sind, wie sie ausgebessert werden und wie sie beim nächsten Bauprojekt verhindert werden können.